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8°, 948 S., OLwd. mit Umschlag. - Gut erhalten. - München: Beck 1992.
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Der Titel Machtstaat vor der Demokratie bringt es zum Ausdruck und ist deswegen genial gewählt. Die Zeit von Bismarck und Wilhelm II. ist beides: ein eigenständiger historischer Abschnitt deutscher Geschichte mit einer grundlegenden Zäsur am Anfang und einer noch viel fundamentaleren am Ende sowie die Vorgeschichte zur ersten deutschen Demokratie. Die Weimarer Republik wäre ohne die historischen Entwicklungen und Hypotheken des Kaiserreichs so nicht entstanden und sicherlich anders verlaufen.
Einige Strukturhistoriker haben Nipperdey vorgeworfen, eine einseitig personalistische Geschichtsauffassung zu vertreten. Ebenso wenig wie dies aber auf seinen Band über die Zeit von 1800 bis 1866 (Einleitungssatz: "Am Anfang war Napoleon.") zutrifft, kann der Vorwurf für den vorliegenden Halbband (Einleitungssatz: "Am Anfang war Bismarck.") gelten. Im Vergleich zum ersten Teil über diesen Zeitraum (Arbeitswelt und Bürgergeist) geht es bei diesem um die außen- und innenpolitischen Strukturen, Prozesse und Entwicklungen. Nipperdey gelingt es mit klarem analytischem Blick, die komplexen Akteurskonstellationen und Handlungsstränge detailliert offen zu legen. Dennoch geht dem Leser niemals der Überblick verloren. Phänomene wie die "typisch deutsche" Untertanenmentalität, Antisemitismus oder der deutsche Nationalismus entwickelt der Autor aus dem politisch-kulturellen und ideengeschichtlichen Kontext heraus. Seine Kurzcharakterisierungen wichtiger Persönlichkeiten wie der Bismarcks oder "Wilhelms des Plötzlichen" sind prägnant und treffend. Nipperdeys Darstellung des Weges Deutschlands in das traumatische Erlebnis des Ersten Weltkrieges orientiert sich an allen Stellen an seiner Einsicht, dass die Grundfarben der Geschichte nicht Schwarz und Weiß sind, sondern "grau, in unendlichen Schattierungen." --Manfred Schwarzmeier
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